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Behälter, Silos und Wassertürme
Die Geschichte der Silobauten ist eingangs ausführlich beschrieben worden. In funktionaler Sicht ist von Bedeutung, dass die Ein- und Zwischenlagerung von Getreide, Braugerste etc. bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu kompakten, vertikalen Anordnungen geführt hat und sich die Bauform der Silos somit von den zunächst baugleich verwandten Holzzylindern (vgl. frühe Wassertürme) und sonstigen Einzelbehältnissen in Größe und Bauform abgelöst hat (Abbildung 53, 54).
Hinsichtlich Lastverteilung und Temperaturverhalten ist der Stahlbetonzylinder ideal. In der geometrischen Anordnung mehrerer Silozellen aus Stahlbeton ist der Zylinder als Grundform jedoch von Nachteil. Der Silo des Henninger Turmes in Frankfurt am Main (Abbildung 51) löste dieses Problem durch einen rasterartigen Aufbau (4 x 4 m) mit 18 cm Wandstärke und abgefasten Ecken, welche stützenartige Versteifungen in den Siloecken ausbilden [Höhmann, 39]. Auf dieser Grundkonstruktion lastete auch der Turmaufsatz mit Drehrestaurant nebst integrierter Vertikalerschließung. Da heute derartige Silos für den Brauereibetrieb nicht mehr benötigt werden (Anlieferung von Fertigmaische, veränderte Betriebsstrukturen) stellt sich die Frage möglicher Nachnutzungen. Hier sind die seinerzeit optimierten, schalenartigen Hüllenflächen oftmals von Nachteil, weil sie für Hochhäuser nicht die heute erforderlichen Wandstärken und Betonüberdeckungen besitzen. Diverse Beispiele zeigen, dass ein Aufschneiden der Silozellen (Fenster, Türen etc.) hingegen möglich ist.
Tabelle 11: Solos
01 |
Rolandmühle, Bremen |
1909, 1929 … |
25 - 30m |
02 |
Getreidesilo Bunge y Born, Buenos Aires |
vor 1913 |
o.A. |
03 |
Getreidesilo Barby an der Elbe |
1922 |
ca. 27m |
04 |
Getreidesilo und -speicher, Fort Williams |
vor 1913 |
o.A. |
05 |
Getreidespeicher, Worms |
1908 |
ca. 25m |
06 |
Peavy - Haglin, Minneapolis |
1899 -1900 |
ca. 38m |
07 |
Silo Henninger Turm, Frankfurt am Main |
1959 -1961 |
ca. 70m |
Die Entwicklung der Wassertürme ist von weitaus größerer Vielfalt geprägt (Abbildung 54). Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann das eigentliche Zeitalter der Wassertürme. Neben dem Bedarf für Industrie und Stadt wurden insbesondere Wassertürme für die Speisewasserversorgung der Dampflokomotiven benötigt. Die ersten Behälter aus Holz und verschraubten Gusseisenplatten wurden durch zylindrische, genietete Blechkonstruktionen ersetzt, welche auf einen engmaschigen Trägerrost aufgesetzt wurden [Werth, 10]. Um der Frostgefahr entgegen zu wirken, wurden die Bauten umhaust bzw. das Wasser vorgewärmt. 1853 - 55 errichtete Lindley einen für die damalige Zeit beachtlichen zylindrischen Hochbehälter aus Gusseisen mit ca. 2.350 m³, ca. 30 m Durchmesser und 3,04 m Behälterhöhe [S. 341, ebenda 10] auf kreisförmigem Ziegelunterbau. Weitere Flachbodenbehälter in Schmiedeeisen und mit Ziegelunterbauten folgten in zahlreichen Städten. Eine wesentliche konstruktive Innovation stellte die Ausbildung eines Hängebodens in Form einer Kugelkalotte (vgl. Wasserturm Straßburg, 54 m Höhe und 1.050 m³ Inhalt [10, ebenda]) und die Entwicklung von Stützenbodenbehältern (Intze-Patent) dar mit einschnürendem Kegelstumpf und stützender Kugelkalotte. Die wesenstypische Gestalt (Abbildung 39) war gefunden, ein auskragender Behälter auf einem sich verjüngendem Schaft, welcher darüber hinaus Typenbehälter der Eisenbahn wurde (85 Stk. zwischen 1891 - 1902 mit je 500 m³ Fassungsvermögen. [S. 357, ebenda 10]). Im Industriebau wurde ab ca. 1900 der Schritt zur allseitig umschlossenen, kugelförmigen Behälterform vollzogen, nebst üblicher Freistellung auf einem Stahlgerüst.
Nicht minder von Bedeutung war die Entwicklung von Stahlbetonbehältern, welche ab ca. 1870 einsetzte. J. Moniersoll 1868 in Maison-Alfort einen Behälter von 200 m³ [10, ebenda] in bewehrtem Beton erstellt haben. Bekannter ist sein früher Alençon-Wasserturm in Betonbauweise der Eisenbahn mit 180 m³ von 1873. Türme von Hennebiqueu. a. folgten, wobei der 1904 erbaute Wasserturm in Newton-le-Willows, England, auf zukünftige Bauweisen aus tragendem Skelett mit rahmenartigen Knoten verweist. Sämtliche mögliche Behälterformen (einschl. der Intze-Bauweise) wurden in Stahlbeton errichtet. Letztlich war auch der entscheidende Durchbruch in der formalen Verschmelzung von Behälter und Schaft der Schalenbauweise und dem Stahlbeton vorbehalten. Meist auf zylindrischer Gleitschalung (ab 20er Jahre) oder Gleitschaft errichtet entfaltete sich meist ein breiter Kelch mit möglichst geringer Wassertiefe (< 8 m) bei maximalem Volumen (vgl. Wasserturm Örebro (Schweden), Höhe 75 m, mit 9.000 m³, 1957).
Die Entwicklung in den USA erfolgte losgelöst von der europäischen Stahlbetontechnologie vornehmlich in Stahlbauweise mit kugelförmigen und flachen, sphäroiden Körpern.
Von besonderer ingenieurtechnischer Bedeutung ist der Fedala-Wasserturm, Marokko, Baujahr 1957, von E. Torroja, welcher auf einfachsten Baugerüsten als Schale errichtet wurde (s.o.). Er verbindet die Erfahrungen von Intze, die Forderung nach geringer Wassertiefe (< 8 m) mit moderner Betontechnologie. Das innere, komplexe Bauwerk besticht nach außen durch seine formale Klarheit. Selbst die Eindeckung des Wasserbehälters ist gewölbt (Torus). Hier greift Torrojaauf eine Hohlziegelschalentechnologie (vgl. auch das Werk von E. Dieste) zurück, welche vermutlich das Temperaturgefüge im Behälter verbesserte. Das Fassungsvermögen beträgt 3.500 m³ bei 40 m Durchmesser und 10 - 18 cm Schalendicke [Ordonez, 40].
Aus ingenieurtechnischer Sicht sind die skandinavischen Wassertürme richtungsweisend, welche von einem schlanken Schaft in eine breite Kegelschale übergehen. Wiederum ist es das Hyperboloid, welches für kleinere Wassertürme (Möglingen bei Ludwigsburg, 400 m³ bei 30 m Höhe) Funktion, Tragwerk und Erscheinungsbild zur Deckung bringt.
Tabelle 12: Wassertürme
|
Ort |
Baujahr |
m³ |
Höhe |
01 |
Zeche Minister, Stein |
1899 |
520 |
27m |
02 |
Weil am Rhein |
1913 |
500 |
23m |
03 |
Nizji, Novgorad |
1896 |
114 |
25,60m |
04 |
Champaign Illinois, USA |
19. Jh |
o.A. |
ca. 15m |
05 |
Alencon |
1873 |
180 |
ca. 13m |
06 |
Worms |
o.A. |
ca. 400 |
ca. 18m |
07 |
Intzebehälter |
1891 - 1902 |
400 -500 |
ca. 20 -25m |
08 |
Lindleyturm, Hamburg |
1853 - 1855 |
2350 |
ca. 12m |
09 |
Newton de Willow, England |
1904 |
1362 |
ca. 28m |
10 |
Mannheim |
1886 - 1887 |
2000 |
60,33m |
11 |
Zeipau |
1922 |
o.A. |
o.A. |
12 |
Bochum |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
13 |
Posen |
1911 |
o.A. |
o.A. |
14 |
Circle City, New Jersey |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
15 |
Köln Kalk |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
16 |
Rodange, Luxemburg |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
17 |
Toledo, Ohio |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
18 |
Kwaadmechelen, Belgien |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
19 |
Gary, Indiana ( Hortonbeh.) |
ab ca. 1930 |
750 - 12000 |
o.A. |
20 |
Dole Jura, Frankreich |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
21 |
Essen Byfang |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
22 |
Miesburg, Hannover |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
23 |
St. Jean-de-Vedas, Frankreich |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
24 |
Möglingen |
1960 |
400 |
30m |
25 |
Maizieres-les-Metz, Frankreich |
o.A. |
o.A. |
o.A. |
26 |
Kuwait |
o.A. |
4500 |
140 - 180 |
27 |
Landskrona |
1980 |
4000 |
ca. 58 |
28 |
Örebro, Schweden |
1957 |
9000 |
75 |