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2 Fernmeldetürme
Die funktionale Sicht auf fernmeldetechnische Türme bedarf der näheren Erläuterung von Veränderungen hinsichtlich der technologischen Anforderungen. Die frühen Masten (Mühlacker, Gleiwitz) und Türme dienten der Übertragung von Radiowellen, militärischer und nachrichtentechnischer Nutzung. Das höchste Bauwerk der Welt ist bis heute ein Mast eben dieser Funktion (KVLY-Mast mit 628 m Höhe). Mit der systematischen Einführung von Richtfunkstrecken nach dem zweiten Weltkrieg zur Übertragung jeglicher Daten war ein dichtes Netz von Türmen erforderlich, welche über Plattformen verfügen mussten zur Aufstellung von Parabol-Antennenkörpern.
Die flächendeckenden Netze sollten eine Redundanz besitzen durch die Möglichkeit der Umschaltung auf andere Richtfunkstrecken (Ausweichen von Gewitterlagen, techn. Ausfall, etc.). Dies war die Geburtsstunde von Typentürmen, welche in großer Zahl bis Enden der 80er Jahre errichtet wurden (Abbildung 45).
Der terrestrische Fernsehempfang (ab 50er Jahre) erforderte zusätzlich Turmstandorte mit flächendeckender Abstrahlung in die Ballungsräume und Großstädte. Der Typus 'Fernsehturm' war geboren und sprachlich mit der Bauform Stahlbetonschaft, hoch liegendes Betriebsgeschoss und aufgesetztem Mast verknüpft (Sinnbild des Stuttgarter Fernsehturms) und löste einen Boom derartiger Türme aus, welche mit Aussichtsplattform und individueller Gestalt zu Wahrzeichen der jeweiligen Städte avancierten. Letztlich diente nur ein kleiner Teil der Signalabstrahlung von Fernsehbildern, weshalb der Begriff 'Fernsehturm' (vgl. Fritz Leonhardt, [37]) zu eng gefasst ist. Satellitentechnik, Kabelfernsehen und Mobilfunk haben die technologischen Voraussetzungen drastisch verändert. Für den Mobilfunk sind Stabantennen (l = ca. 2,00 m) erforderlich, welche nach Betreibern getrennt kleinere Masten (Schleuderbeton-, Gittermasten), Hochhäuser und Kirchtürme belegen.
Obsolet werden Fernmelde- und 'Fernsehtürme' nicht, da auch digitale Daten terrestrisch abgestrahlt werden und die geforderte Empfangsqualität qualifizierte Standorte und Redundanz erfordert.
Das Bewusstsein für die Zeichenhaftigkeit von Fernmeldetürmen hat heute in innerstädtischen Lagen zu einer Individualisierung der Formen geführt, welche über die Sinnhaftigkeit leistungsfähiger Tragwerksformen weit hinausgeht.
Tabelle 9:Fernmeldetürme und ausgewählte Masten
01 |
FMT 1 |
1952 - 1954 |
69,2m |
02 |
Kobe |
1959 |
100m |
03 |
Barcelona, Montjuic |
1989 - 1992 |
110m |
04 |
Radioturm, Moskau |
1919 - 1922 |
150m |
05 |
Niagara Falls, (Skylon) |
1963 |
160m |
06 |
Kairo |
1971 |
175m |
07 |
Stockholm, Kaknästornet |
1963 |
177m |
08 |
Mühlacker |
1933 - 1934 |
190m |
09 |
London |
1969 |
210m |
10 |
Fernsehturm Stuttgart |
1953 - 1955 |
217m |
11 |
Space Needle, Seattle |
1962 |
223m |
12 |
Düsseldorf |
1982 |
235m |
13 |
Koblenz |
1976 |
255m |
14 |
Hamburg |
1966 |
272m |
15 |
Torre de Collseola, Barcelona |
1988 - 1992 |
288m |
16 |
Radioturm Moskau (geplant) |
(1919) |
(350m) |
17 |
Berlin Ost |
1969 |
365m |
18 |
Moskau - Ostankino |
1959 - 1967 |
537m (577m) |
19 |
CN - Tower |
1974 - 1975 |
553m |